Zuchtordnung

Wie wir Spitze züchten

Zuchtbedingungen in der Erhaltungszucht Deutscher Spitz (EZS)

Der Deutsche Spitz in den Varietäten Großspitz und Mittelspitz ist direkt vom Aussterben bedroht. Der züchterisch zur Verfügung stehende Genpool auch der anderen Varietäten ist bereits sehr klein und hat überdies die Tendenz, weiter zu schrumpfen.

Die Interessengemeinschaft „Erhaltungszucht Deutscher Spitz“ hat sich die Erhaltung der Deutschen Spitze mit ihrem charakteristischen Wesen und den rassetypischen Merkmalen zum Ziel gesetzt. Die Hunde sollen gesund, verhaltenssicher und sozial verträglich sein.

Um das gesetzte Ziel zu verfolgen, wird eine Doppelstrategie gewählt:

1. Nutzung des bestehenden Genpools

Die Verpaarung zwischen den verschiedenen Varietäten Kleinspitz-Mittelspitz-Großspitz-Wolfsspitz ist freigegeben (soweit aufgrund der Größenverhältnisse eine natürliche Paarung stattfindet). Es handelt sich um eine einzige Hunderasse mit den gleichen Rassemerkmalen, die lediglich in den 1960er Jahren willkürlich in verschiedene Größenvarietäten unterteilt wurde. Durch diese damals vereinspolitisch motivierte Unterteilung wurde die Gesamtpopulation der Deutschen Spitze zersplittert in mehrere Unterpopulationen, die fortan getrennt voneinander gezüchtet wurden.

Die Tiere innerhalb dieser Unterpopulationen sind mittlerweile in teilweise erschreckendem Maße miteinander verwandt. Die züchterische Zukunft im Hinblick auf die Erbgesundheit der Hunde kann nur darin liegen, den vorhandenen Genpool der verschiedenen Rassevarietäten wieder zusammenzuführen, also Varietäten übergreifend zu verpaaren.

Mit dem Ziel der Wiederherstellung genetischer Vielfalt im Hinblick auf die Gesunderhaltung der Rasse, verpaaren wir deshalb gezielt Kleinspitze mit Mittelspitzen und Großspitze mit Mittelspitzen und Wolfsspitzen.

Spitze aller Farben sowie Ihre Verpaarung untereinander sind bei uns zugelassen. Spitze gab es schon immer in zahlreichen verschiedenen Farben. Im Zuge der oben genannten Zuchtbeschränkungen wurden auch Vorschriften erfunden, dass es insbesondere den Deutschen Großspitz ausschließlich in weiß, schwarz und schokobraun geben dürfe – und weiß und schwarz/braun auch nur noch farbgleich verpaart werden durften. Alle andersfarbigen Großspitze – es hatte mal cremefarbene, orangene, hellbraune, wolfsfarbene und Schecken gegeben – wurden damals willkürlich von der Zucht ausgeschlossen.

Da die Farbgene noch immer in der Population vorhanden sind und jedes einzelne Tier für die Erhaltung des Genpools wichtig ist, schließen wir kein Tier aufgrund seiner Farbvererbung von der Zucht aus.

Lediglich mit Trägern des Merle-Gens wollen und dürfen wir nicht züchten, da das Merle-Gen ein Schadgen ist, dass bei homozygotem Vorkommen schwere embryonale Schäden verursacht. Die Verpaarung zweier Merle-Träger erfüllt deshalb den Tatbestand der Qualzucht nach §11b des deutschen Tierschutzgesetzes.

2. Erweiterung des bestehenden Genpools

Der bestehende Genpool soll durch überwachte Auszuchtprogramme mit klar definierten Voraussetzungen und Regeln erweitert werden.

Auszucht bedeutet, Tiere einer anderen Rasse in die Population einzukreuzen. Dies war früher allenthalben üblich, als es vorrangig um die Eignung der Hunde für die ihnen zugedachten Aufgaben ging, und nicht etwa nur um ihr Aussehen.

Mit dem Aufkommen der Hobbyhaltung und des Ausstellungswesens ab ca. anno 1900 wurden alle Rassehunde gelistet und es wurde vereinspolitisch verfügt, dass registrierte Rassehunde nur noch mit ebenfalls registrierten Hunden der gleichen Rasse verpaart werden dürften. Dies schränkt seither alle Rassepopulationen stark ein, die Verwandtschaftsgrade der Tiere einer jeden Rasse stiegen zwangsläufig immer weiter an.

Zur Erhaltung der genetischen Vielfalt im Hinblick auf die Gesunderhaltung der Rassen sollten daher gezielt auch immer wieder einzelne Hunde anderer Rassen eingekreuzt werden – natürlich unter fachkundiger Beurteilung der Nachkommen und deren Verwendung zur weiteren Zucht.

Jede Verpaarung mit anderen Rassen für ein Auszuchtprogramm prüfen wir vorab im Einzelfall, überwachen sie sorgsam und beurteilen die Zuchtergebnisse hinsichtlich der weiteren Eignung zur Rückzucht zum Deutschen Spitz.

Wir haben diese Doppelstrategie gewählt, weil zu beobachten ist, dass mit abnehmender genetischer Varianz (zunehmender Verwandtschaft) Erscheinungen von Inzuchtdepression wie Allergien, Unverträglichkeiten, geringere Lebenserwartung, vermehrte Krankheitsraten, verminderte Fruchtbarkeit, etc. immer häufiger auftreten.

Unsere Verpaarungen hingegen sollen möglichst geringe Inzucht-Koeffizienten (IK) und Ahnenverluste (AV) aufweisen. Verpaarungen ab einem IK von 5% sind für uns undenkbar.

Unsere züchterische Selbstverpflichtung

Zuchtstätten, Zuchttauglichkeit, Wurfabnahme und Ahnentafeln

1.  Zuchtstätten

Unsere Zuchtstätten sind stets tierschutzgerecht und der Art entsprechend. Durch regelmäßige Besuche und den damit verbundenen Erfahrungsaustausch stellen wir einen hohen Qualitätsstandard sicher.

2.  Zuchttauglichkeitsprüfung

Das Verfahren der Zuchttauglichkeitsprüfung umfasst sowohl medizinische Untersuchungen als auch die Beurteilung des Hundes hinsichtlich seines Äußeren sowie seines Wesens.

2.a.  Medizinische Untersuchungen

Medizinische Untersuchungen werden ausschließlich von Tierärzten durchgeführt. Sie dokumentieren dies in den dafür vorgesehenen EZS Formularen. Die Ergebnisse werden im Zuchtbuch festgehalten.

  • Für alle unsere Hunde wird eine DNA-Probe in einem anerkannten Labor hinterlegt oder bereits ein DNA-Profil erstellt.
  • Jeder Hund wird mit einem elektronischen Chip gekennzeichnet, der seine Identität zweifelsfrei belegt.
  • Röntgenaufnahmen werden vom Röntgentierarzt zur Beurteilung direkt an eine anerkannte Auswertungsstelle gesendet.

Die Untersuchungen bezogen auf die Varietäten der Spitze sind:

Kleine Spitze (bis 30 cm):Patella-Luxation (PL)Pflichtuntersuchung
Mittlere Spitze (30-40 cm):Patella-Luxation (PL)Pflichtuntersuchung
Hüftgelenksdysplasie (HD)empfohlen; Pflicht bei Verpaarung mit
Großspitzen ohne HD-A-Befund
Groß- und Wolfsspitze (ab 40 cm):Hüftgelenksdysplasie (HD)Pflichtuntersuchung
Ellenbogendysplasie (ED)Pflichtuntersuchung
Progressive Retinaatropie (PRA)Pflichtuntersuchung
Patella-Luxation (PL)empfohlen; Pflicht bei Verpaarung mit
Mittelspitzen ohne PL-0-Befund
  • Gentests sind nicht erforderlich, wenn beide Elterntiere bereits nachweislich frei sind (Frei getestet oder „Frei kraft Abstammung“).
  • Zur Zucht uneingeschränkt einsetzbar sind Spitze mit den Befunden HD-A, HD-B und ED-0.
  • Spitze mit HD-C Befunden werden nur noch mit Partnern mit HD-A Befund verpaart.
  • Spitze mit ED-1 oder schlechterem Befund werden nicht zur Zucht eingesetzt.
  • Nur Hunde mit PL-0-Befunden werden uneingeschränkt eingesetzt.
  • Zur Verpaarung von Hunden mit PL-1-Befund kommen grundsätzlich nur Partner mit PL-0-Befunden in Frage.
  • Zwei PRA-Träger werden nicht miteinander verpaart.

2.b.  Phänotypische und Wesens-Beurteilung

Alle Hunde sind einem Tierarzt oder einem amtierenden Zuchtwart einer Spitze züchtenden Vereinigung zur Phänotypischen (des Äußeren) und Wesens-Beurteilung vorzustellen. Die Beurteilung erfolgt auf Basis unseres Rassestandards „Standard Deutscher Spitz (EZS)“. Die Ergebnisse dieser Beurteilung werden ebenfalls in dem EZS-Formular „Zuchttauglichkeit“ dokumentiert.

2.c.  Auswirkungen der Farbe auf die Zuchttauglichkeit

Grundsätzlich ist die Verpaarung von Hunden unterschiedlicher Farben nicht reglementiert. Merle-Träger sind jedoch von der Zucht ausgeschlossen.

Die Verpaarung zweier d- oder zweier c-Träger ist nicht verboten, da in Zusammenhang mit diesen Aufhellungsgenen bislang keinerlei gesundheitliche Beeinträchtigung bei Spitzen bekannt ist. Homozygote Nachfahren (d/d, c/c) überwachen wir individuell, um weitere Erkenntnisse über ihre langfristige Entwicklung zu erhalten.

3.  Wurfabnahme

Eine Wurfabnahme erfolgt innerhalb der EZS regelmäßig durch einen Tierarzt oder einen amtierenden Zuchtwart einer Spitze züchtenden Vereinigung.

4.  Ahnentafeln

EZS-Ahnentafeln werden für die Welpen ausgestellt, deren Eltern die Zuchttauglichkeit von einem Tierarzt oder einer Spitze züchtenden Vereinigung bestätigt bekommen haben und bei deren Zucht die Zuchtbedingungen der EZS eingehalten wurden.

Sollen Hunde, deren Ahnentafeln Lücken aufweisen, zur Verpaarung kommen, wird vorab zur Berechnung des Inzucht-Koeffizienten vorsorglich angenommen, dass die unbekannten Vorfahren Verwandte ersten Grades sind.